Ein Bericht von rentenbescheid24.de
PKV muss Prämien wegen fehlerhafter Begründung zurückzahlen. Ein schwerer Schlag gegen die private Versicherungswirtschaft. Die in den letzten Jahren immer wieder durch massive Preissteigerungen von sich reden machte. Viele private Krankenversicherte können die Beiträge zur PKV kaum mehr zahlen. Unrühmlich die Debeka -private Krankenversicherung- die mit über 17 Prozent Preissteigerung von sich Reden machte.
Der IV. Senat des BGH hat am 16.12.2020 in zwei Urteilen gegen private Krankenversicherer entschieden. Im wesentlichen ging es in beiden Revisionsverfahren darum, dass die Begründungen der Prämienanpassungen der privaten Krankenversicherer zum Teil fehlerhaft waren. Es ging in beiden Verfahren um Prämienerhöhungen aus den Jahren 2014 bis 2017.
In dem ersten Verfahren IV ZR 249/19 ging es nur um die formelle Wirksamkeit der Prämienanpassung. Hier hat der BGH zu Gunsten des Klägers für die Prämienerhöhungen aus dem Jahr 2015 und 2016 letztinstanzlich entschieden.
In dem zweiten Verfahren IV 314/19 ging es neben den Begründungsmängeln der Prämienanpassungen noch um die materielle Wirksamkeit der Prämienanpassung. Hier hat der BGH das Berufungsurteil zum Teil aufgehoben und die Sache an das berufsungsgericht zurückverwiesen. Denn das Berufungsgericht muss noch über die materielle Wirksamkeit der Prämienanpassung nach Maßgabe der Urteilsgründe des BGH neu entscheiden.
Im Kern hat der Bundesgerichtshof ( außer mit der teilweisen Zurückverweisung im Verfahren IV ZR 314/19) zu Gunsten der Kläger wegen der formellen Unwirksamkeit der Prämienanpassungen entschieden.
Der BGH hat entschieden, dass für die formelle Begründung einer Prämienerhöhung die Angabe der Rechnungsgrundlage ( entweder Versicherungsleistung oder Sterbewahrscheinlichkeit) erfordert, deren Veränderung die Prämienanpassung veranlasst hat. Hingegen der Versicherer nicht mitteilen muss, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlagen verändert haben. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben.
Wörtlich heisst es in der Pressemitteilung vom 16.12.2020:
„Der Bundesgerichtshof hat in beiden Verfahren bestätigt, dass bei einer Prämienanpassung nach § 203 Abs. 2 VVG erst durch die Mitteilung einer den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügenden Begründung die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt wird. Dabei, so hat der Senat jetzt entschieden, muss angegeben werden, bei welcher Rechnungsgrundlage – Versicherungsleistungen, Sterbewahrscheinlichkeit oder beiden – eine nicht nur vorübergehende und den festgelegten Schwellenwert überschreitende Veränderung eingetreten ist und damit die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst wurde.“
Dagegen hat die Mitteilungspflicht nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen.
Fehlende Angaben zu den Gründen der Prämienanpassung können vom Versicherer nachgeholt werden, setzen aber erst ab Zugang die Frist für das Wirksamwerden der Prämienanpassung in Lauf und führen nicht zu einer rückwirkenden Heilung der unzureichenden Begründung. Erfolgt eine weitere, diesmal insgesamt wirksame Prämienanpassung im betreffenden Tarif, hat der Versicherungsnehmer jedenfalls ab dem Wirksamwerden dieser Anpassung die Prämie in der damit festgesetzten neuen Gesamthöhe zu zahlen.
Der BGH hat somit für beide anhängige Verfahren im Bereich der formellen Begründung der Prämienanpassungen unmißverständlich entschieden, dass die in Begründungen der Prämienanpassungen in den streitbefangenen Zeiträumen unwirksam waren!
Es wird eine Prozesslawine auf die PKV Wirtschaft zukommen. Sie muss damit rechnen, dass sie viele Millionen an nicht gerechtfertigten Prämienerhöhungen an die betroffenen Kunden zurückzahlen muss. Oftmals haben die Versicherer in ihren Prämienerhöhungsschreiben nur formelhaft die Prämienerhöhung begründet. Mit solchen Erklärungen wie, dass der medizinisch-technisch Fortschritt und die Kostenanstiege in der medizinischen Behandlung eine Prämienerhöhung bedingen. Solche Begründungen dürften aus Sicht des BGH unwirksam sein. Viele private Krankenversicherte können sich berechtigt Hoffnung machen, dass sie wegen Prämienerhöhungen aus der Vergangenheit viel Geld zurückverlangen können! Aber es ist einiges zu beachten, denn die Zeit läuft.
Der PKV-Versicherte sollte sich die Prämienerhöhungen der letzten Jahre anschauen. Und prüfen, wie seine private Krankenversicherung die Prämienerhöhung im einzelnen begründet hat. Sollten dort nur formelhafte Begründungen unter Rückschluss auf allgemeine witschaftliche Gründe und die allgemeine Kostentreiberei im Gesundheitswesen enthalten sein, so sollten die Betroffenen ihre PKV anschreiben und nach Maßgabe der BGH -Entscheidungen den Prämienanteil zurückverlangen, der von der Prämienerhöhung erfasst war. Dabei ist auch die Verjährung der Ansprüche zu beachten. Die maximale Verjährung beträgt ab Kenntnis der entsprechenden Tatsachen 3 Jahre ohne Kenntnis sind es 10 Jahre. Mit dem Urteil des BGH dürfte klar sein, dass die Versicherten schnell handeln müssen. Sie müssen verjährungsunterbrechende oder hemmende Maßnahmen einleiten. Viele Versicherte können sich an den Ombudsmann der Versicherungswirtschaft wenden. Es ist auch sehr zu empfehlen, dass die betroffenen privat Krankenversicherten sich an versierte Anwälte wenden und die Ansprüche geltend machen!
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