Mit über 55 in die GKV wechseln – Wirklich zu alt für den Wechsel?

Ein Bericht von rentenbescheid24.de

Sehr oft wird behauptet, dass ein Wechsel aus der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung (Wechsel PKV in GKV) immer dann ausgeschlossen, wenn der Privatversicherte über 55 Jahre alt ist. Rechtsgrundlage für die Versicherungsfreiheit in diesem speziellen Fall ist der § 6 Absatz 3 SGB V. Eine manchmal falsch verstandene Regelung.

Zu alt um in die GKV zurückzukehren, ist oft zu hören, wenn Menschen die 60 oder 70 Jahre alt sind und aus der privaten Krankenversicherung in die GKV wechseln wollen. Wir sagen: Dies kann so in der Allgemeinheit nicht stimmen.

 

Zu alt um in die GKV zurückzukehren: Das Grundproblem

Wer über 55 Jahre alt ist, kann in der Regel nicht mehr aus der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche KV wechseln. Ein Standardsatz der viel zu oft zu hören ist. Der im Kern falsch ist. Viele besorgte Kunden können die monatlichen Prämien der PKV nicht oder nur noch schwer zahlen und müssen auf Erspartes zurückgreifen. Oft scheuen sie den Gang zum Sozialamt, weil sie sich schämen oder nehmen sogar die übelste Variante der Absicherung im Krankheitsfalle in Kauf: den Notlagentarif!

 

Wir erläutern die Grundstruktur des § 6 Absatz 3 a SGB V. Nicht vorhandene Tatbestandsmerkmale können nicht in diese Norm hinein interpretiert werden. Dies wird aber leider sehr oft getan. Unter anderem durch falsche Rechtsauslegung. Manchmal sind es auch Richtlinien oder Rundschreiben von Sozialleistungsträgern, die diese Rechtsauffassungen befeuern. Dabei gibt uns das Gesetz und die daran anschließende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Vorlage, wie § 6 Absatz 3 a SGB V auszulegen ist. Ein anschauliches Urteil mit einem Prüfschema des § 6 Absatz 3 a SGB VI finden wir im Urteil des BSG vom 27.06.2012, Aktenzeichen: B 12 KR 11/10 R unter Verweis auf die durch die Revision angegriffene Entscheidung des Landessozialgerichts.

 

Zu alt um in die GKV zurückzukehren: Zünglein an der Waage ist der § 6 Absatz 3 a Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch Nr.5

Der § 6 Absatz 3 a SGB VI ist eine schwer durchschaubare Rechtsnorm.

§ 6 Absatz 3 a SGB VI sagt folgendes aus:Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei:

  • wenn sie in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren (Satz 1),

 

Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit:

  • versicherungsfrei,
  • von der Versicherungspflicht befreit
  • Oder nach § 5 Absatz 5 nicht versicherungspflichtig waren (hauptberuflich selbstständige Tätigkeit) = Satz 2

 

Die Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 3 genannten Person gleich (Ehe mit einem Beamten, mit einem Selbstständigen oder Arbeitnehmer der wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei ist)

Für Menschen, die nach § 5 Absatz 1 Nr.13 SGB V = Auffangpflichtversicherung, versicherungspflichtig sind, gilt § 6 Absatz 3a Satz 1 SGB V nicht.

 

Es findet bei der Prüfung, ob eine Versicherungsfreiheit nach § 6 Absatz 3 a

SGB V vorliegt immer eine 2 oder 3 stufige Prüfung statt

Erst wird der Satz 1 voll durchgeprüft und dann Satz 2 oder noch Satz 3 des § 6 Absatz 3 a SGB V.

 

Eine allgemeine Nichtversicherung ist kein Tatbestandsmerkmal des § 6 Absatz 3 a Satz 2 SGB V. Die gesetzliche Nichtversicherung als Mitglied in der GKV ist ein Tatbestandsmerkmal des § 6 Absatz 3 a Satz 1 SGB V. Wer nur einen Tag in der GKV in der Rahmenfrist der 5 Jahre vor dem Tag des Beginns der versicherungspflichtigen Tätigkeit, versichert war, wird zwingend Mitglied in der GKV, wenn er, z.B. nicht über der Jahresarbeitsentgeltgrenze verdient. Dann kann der Versicherte auch 55 Jahre alt oder 70 Jahre alt gewesen sein, spielt keine Rolle.

 

Zu alt um in die GKV zurückzukehren: Nichtversicherung

Eine Nichtversicherung  im Rahmen des § 6 Absatz 3 a Satz 2 SGB V ist kein allgemeines Tatbestandsmerkmal aus dieser Rechtsnorm. Der Begriff Nichtversicherung steht nicht im § 6 Abs.3 a Satz 2 SGB V geschrieben. Nur wer zum Beispiel wegen einer selbstständigen Tätigkeit nach § 5 Absatz 5 SGB V versicherungsfrei ist, fällt in den Tatbestand des § 6 Absatz 3 a Satz 2 SGB V. Oft wird verkannt oder allgemein für den § 6 Absatz 3 a Satz 2 SGB V aus der Versicherungsfreiheit der hauptberuflichen Selbstständigen eine Nichtversicherung hergeleitet. Was aber sachlich falsch ist.

 

Auch das Argument des Gesetzgebers, dass mit dem § 6 Absatz 3a SGB V eine klare Abgrenzung zwischen der GKV und PKV erreicht werden soll, ist kein Tatbestandsmerkmal, welches im § 6 Absatz 3 a SGB V steht. § 6 Absatz 3a SGB V dient ausschließlich zur Abgrenzung und Zuweisung zur GKV und der PKV. Er soll verhindern, dass privat Versicherte nicht in die GKV wechseln können, die zuvor jahrelang günstige Beiträge in der PKV hatten und nunmehr im Alter von den günstigen Beiträgen in der GKV zu profitieren. Damit soll die „Rosinenpickerei“ ausgeschlossen werden. Ein absurdes Argument wenn man bedenkt, dass die monatlichen Prämien in der PKV alles andere als günstig sind, vor allem wenn man über 50 Jahre alt ist.

 

Fazit

Nur wenn alle beide Tat­bestands­varianten des § 6 Absatz 3 a Satz 1 und Satz 2 SGB V oder die des Satz 3 vorliegen, kann der Versicherte nicht über diese Variante des Gesetzes in die GKV wechseln.

Ja, ich möchte wissen, ob ich als 55 Jähriger oder älter aus der PKV in die GKV wechseln kann.


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